Unvergessen
Pyrrha war unser erster Hovawart.
Meine Einstellung zur Hundeerziehung war vor allem die: Mein Hund muss gehorchen. So habe ich die ersten zwei Jahre auf 100%igem Gehorsam bestanden und jegliche Eigeninitiative unserer Pyrrha rigoros mit allen Mitteln unterbunden.
Als sie dann 2 Jahre alt war, wurde mir -ich weiß nicht mehr, was der Auslöser war- auf einen Schlag bewusst, dass Pyrrha Angst vor mir hatte, bei jeder unerwarteten Bewegung zusammen zuckte. Das hatte ich nicht gewollt. Die vielen Jahre bis zu ihrem Tod habe ich versucht, meine Fehler wiedergutzumachen. Es ist mir nur teilweise gelungen.
Trotzdem war Pyrrha eine starke Persönlichkeit. Jeglichen (auch vermeintlichen) Angriff auf ihr Revier -und das fasste sie sehr weitläufig -oder ihr Rudel beantwortete sie mit wütenden Aktionen.
Ich musste erst lernen, damit umzugehen. In diesen Jahren war die Hundehaftpflichtversicherung für uns seeehr wichtig.
Anderen Hunden gegenüber war sie sehr bestimmend, manchmal genügte ein Blick, um ihr Gegenüber kuschen zu lassen.
Pyrrha war die Mutter unseres A-und B-Wurfes. Diese Zeit der Geburt und der Welpenaufzucht hat uns extrem zusammengeschweisst , wir konnten uns aufeinander verlassen.
In den Jahren 1996-2001 haben wir zusammen unzählige Male FH -Prüfungen absolviert, 2001 nahmen wir an der Deutschen Meisterschaft FH im RZV teil. Dies war unsere letzte gemeinsame Prüfung, im Frühjahr darauf erlaubte ihre allgemeine Konstitution keine so große Belastung mehr.
Pyrrha war trotzdem noch recht fit bis zum frühen Tod ihres Sohnes Amos. Danach ging es nur noch bergab. Nach ihrem 3.Schlaganfall im Juni 2004 mussten wir die schlimmste Entscheidung treffen, die man als Hundehalter nur treffen kann. Sie starb in unseren Armen. Zurück blieben eine unheimliche Leere und ein schlechtes Gewissen, das mich heute noch quält.
Amos wurde in unserem A-Wurf geboren. Schon früh merkten wir, dass er sich nicht so wie die anderen Welpen entwickelte. Im Alter von 4 Wochen wurde er von einem Fachtierarzt in Rosenheim per Ultraschall untersucht. Die furchtbare Diagnose war: Degenerierte, nur sehr eingeschränkt funktionierende Nieren auf beiden Seiten. Wir sollten ihn gleich da lassen zum Einschläfern.
Das haben wir nicht gemacht, aber der Schock war riesig für uns. In der Uni-Tierklinik München ließen wir unzählige Untersuchungen machen, in der Hoffnung, dass ihm irgendwie geholfen werden könnte.
Das Ergebnis dieser Untersuchungen war: Nur eine neue Niere hätte ihm helfen können. Seine Lebenserwartung wurde auf höchstens 6 Jahre begrenzt, sein Tod sei aber auch jederzeit früher möglich.
Das Einzige, was wir tun konnten, war die Fütterung von Nierendiätfutter. So blieb er bei uns, stets ängstlich beobachtet wegen jedweder Veränderung seines Gesundheitszustandes. Jede Unpässlichkeit (die alle Hunde mal haben) löste fast Panik aus.
Amos war eine Seele von Hund, mit einem Blick, der direkt ins Herz zu gehen schien, ein sanfter und doch temperamentvoller Bär. Fremden gegenüber war er reserviert zurückhaltend, dann aber freundlich und verspielt.
Der berühmte Dickschädel eines Hovawartrüden war bei ihm nicht vorhanden, er wollte gefallen. Er hat Hundesport geliebt und war durch seine extreme Verspieltheit sehr leicht auszubilden. Wir haben 2001 die VPG1 miteinander bestanden. Danach habe ich den Sport mit ihm nach und nach aufgegeben, weil sich sein Gesundheitszustand verschlechterte.
Im November 2002 ging es rapide bergab. Innerhalb weniger Tage verfiel er von einem optisch gesunden Hund zu einem Schatten seiner selbst.
Auch hier mussten wir ihm zuliebe die furchtbare Entscheidung treffen. Er starb in dem Zimmer, in dem er geboren wurde, in meinen Armen. Er war unser ein und alles , war heiß geliebt und ließ uns fassungslos zurück. Für lange Zeit war es für uns unvorstellbar, je wieder lachen zu können.